Das Leben der Rebecca Jones by Price Angharad

Das Leben der Rebecca Jones by Price Angharad

Autor:Price, Angharad
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: dtv Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München
veröffentlicht: 2014-01-01T05:00:00+00:00


Obwohl Mutter schon auf die Sechzig zuging, übernahm sie nun auch für Evan und Kate die Mutterrolle. Die Verhältnisse kehrten sich wieder um: Meine Eltern zogen aus ihrem Haus zurück nach Tynybraich, das einstöckige Wohnhaus vermieteten sie an einen Mann namens Gruffydd Elis. Zum ersten Mal hatte mein Vater in Cwm Maesglasau nun einen Kameraden. Nie war er damals glücklicher als auf seinen Spaziergängen über die Felder mit Gruffydd Elis. Gemeinsam gingen sie ein paar Schritte, dann blieben sie stehen und plauderten, wobei ihnen allerhand Bauernweisheiten und Kautabak über die Lippen kamen. Den Kautabak spuckten sie zu festen Kügelchen gepresst ins Gras.

Evan und die kleine Kate waren ganz entzückend. Es war ein Vergnügen, dabei zuzusehen, wenn sie miteinander spielten wie einst Bob und ich: »Pfeil und Bogen« auf dem unteren Feld, »Haus« im Wurzelwerk des alten Baums, sogar mit dem alten Handwagen spielten sie, und die Henne Blodwen lebte in unserer Erinnerung wieder auf.

Kate kämmte gern mein Haar, lackierte meine Fingernägel im Spiel, und wenn Evan mal wieder Schabernack trieb, lachte ich in mein Taschentuch. Unvergesslich, wie er eines Morgens, ich wusch gerade ab, seiner Empörung darüber Ausdruck verlieh, dass er jeden Sonntagmorgen zum Gottesdienst musste.

»Wieso müssen wir denn schon wieder in die olle Kapelle?«, beschwerte er sich bei seiner Großmutter.

»Nun aber still, kleiner Evan, so etwas sagt man nicht.«

»Wieso?«

»Weil die Kapelle das Haus Gottes ist.«

»Aber Gott habe ich da noch nie gesehen.«

Mutter seufzte schwer, dann sagte sie in aller Geduld:

»Wir sehen den Allmächtigen nicht, wir spüren ihn.«

»Gespürt habe ich ihn aber auch noch nie.«

Stille. Darauf wusste Mutter nichts zu erwidern. Der kleine Junge bohrte mit scharfem Verstand weiter nach:

»Außerdem, wieso braucht er denn gleich drei Häuser in Dinas?«

William genoss die Gegenwart der Kinder sehr. Aber wenn sie ihm in die Quere kamen oder ihre Spielsachen herumliegen ließen, wurde er zornig. Einer ihrer Lieblingsstreiche war es, ein paar grobe Sandkörner auf eines seiner aufgeschlagenen Bücher zu streuen, zu beobachten, wie sich seine geschickten Finger den überzähligen Schriftpunkten näherten, sie berührten, innehielten, konfus wurden, den falschen Buchstaben noch einmal lasen, wieder zögerten – bis William schließlich begriff.

»Verflixt!«

Trotz des Unsinns, den Evan und Kate anstellten, hatten sie vor ihrem blinden Onkel großen Respekt und waren von seinen übernatürlichen Fähigkeiten beeindruckt. Beim Abendessen wollten sie es ihm gleichtun und versuchten, mit geschlossenen Augen ihre Teller zu leeren. Aber wehe, sie wurden dabei erwischt!

Wenn Evan und Kate zur Schlafenszeit keine Ruhe gaben, war es William, der sich zu ihnen legte. Nur er war geduldig genug. Er lag so lange still und reglos neben den beiden, bis sie fest eingeschlafen waren. Dann rutschte er vorsichtig und langsam Richtung Bettkante, setzte geräuschlos die Füße auf den Boden, schlich so langsam, wie es nur irgend ging, zur Tür, legte die Hand auf die Klinke und drückte sie ganz allmählich nieder. Dann trat er mit einem erleichterten Seufzer aus dem Zimmer.

Und Evan rief aus der Dunkelheit: »Wo willst du denn hin, Will?«

Eines Tages kamen zwei Männer in Anzügen zu uns. Sie waren von der Regierung und brachten Gasmasken. Die Masken hatten nur zwei kleine Sichtfenster für die Augen.



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